Web-Archiv zu Alfred Lansburgh und seine Zeitschrift „Die Bank“

Ausführliche Darstellung von Leben und Werk von Alfred Lansburgh

Beiträge:

Biografie

Wer sich mit Geld und Banken im Deutschen Reich in der Zeit des späten Kaiserreiches und der Weimarer Republik beschäftigt, stößt unweigerlich auf den Namen Alfred Lansburgh (1872-1937) und seine Zeitschrift „Die Bank“, die von 1908 bis 1943 erschien. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung nannte Lansburgh im Januar 1950 „in Sachen des Geldes vielleicht einen der klügsten Menschen, die in Deutschland je gelebt und gearbeitet haben.“[1]Noch heute wird er regelmäßig in finanzwirtschaftlichen Publikationen über diese Zeit zitiert und seine bekannteste Schrift „Vom Gelde“ erfährt immer wieder Neuauflagen. Sein Leben ist jedoch weitgehend unbekannt. Diese Lücke soll hiermit geschlossen werden.[2]

1872-1907: Vom Bankmitarbeiter zum Journalisten

James Alfred Neander Lansburgh wurde in London (Kensington) am 27. März 1872 geboren und war jüdischer Herkunft. Er ließ sich in Deutschland „Landsburg“ nennen.[3] Der Vorname Neander wird bis heute in der Familie als Zweitname an männliche Nachkommen weitergegeben. Seine Eltern waren W. Neander Lansburgh und Jenny Lansburgh, geborene Jacobsohns. Die Familie zog zwischen 1872 und 1875 von London nach Berlin, wo der Vater mit indischen Waren handelte, wobei er auch weiterhin einen Wohnsitz in London behielt. Er starb am 7. November 1875 in Eduard Levinsteins „Maison de Santé“ in Schöneberg.[4] Damit war Alfred mit drei Jahren Halbweise. Von 1881 bis 1884 lebten Mutter und Sohn in der Elsasserstr. 54.[5] Jenny betrieb eine Fabrik zur Herstellung von Schreibzeug in der Karlstr. 29. Sie nutzte dazu Patente auf ein kippbares Tintenfass, aus dem keine Tinte auslaufen konnte, sowie auf einen Tintenlöscher. Die Patente gingen auf N. Jacobsohns zurück („N. Jacobsohns`s Patent-Spar-Schreibzeug mit Dinten-Füllung“), einen Verwandten der Mutter.[6]

Alfred Lansburgh besuchte das nahe der Baustelle des entstehenden Reichstagsgebäudes gelegene Französische Gymnasium, das bei Diplomaten und Geschäftsleuten beliebt und auf dem in dieser Zeit fast die Hälfte der Schüler jüdischer Herkunft war. Eine Abiturprüfung legte er allerdings nicht ab, wofür die spätere publizistische und wissenschaftliche Tätigkeit des „verhinderten Professors“ nach Ansicht seines Sohnes eine Art Kompensation gewesen sei.[7] Als Jenny Lansburgh 1886 verstarb, wurde Lansburgh mit 14 Jahren Vollwaise[8] und von Verwandten in der Dorotheenstraße aufgenommen.[9]

1907 heiratete er Frida Neuberg, die am 31. Januar 1880 in Sarstedt-Hannover geboren war. Ihr Vater betrieb die Max Neuberg & Co Mechanische Weberei in Hannover-Linden mit vierhundert Weberinnen.[10] Sie hatten sich Februar 1907 in Cannes kennengelernt, verlobten sich noch im gleichen Monat und heirateten im Mai.[11] Zu dieser Zeit war Lansburgh beim Militär. Ihre Flitterwochen verbrachten sie in Großbritannien, wohin Frida erst 1943 wieder kommen sollte.[12] Am 4. Februar 1908 wurde ihre Tochter Gerda und am 29. Juni 1912 der Sohn Werner Neander geboren.[13] Mit der Taufe der Kinder traten auch Alfred und Frida 1918 zum Christentum über.[14] Werner charakterisiert Alfred als „maverick“, der sein Leben lang ein Einzelgänger, Außenseiter und Querdenker blieb.[15]

Über die 1890er Jahre lässt sich leider wenig sagen. Spätestens 1895 arbeitete Lansburgh für die Berliner Handels-Gesellschaft (BHG), die damals unter der Leitung von Carl Fürstenberg stand. Während der Krise um die serbischen Staatsanleihen ab 1895 war er in der Emissionsabteilung tätig.[16] Lansburgh blieb bei der BHG bis 1903, ehe er als Redakteur zum „Ratgeber auf dem Kapitalmarkt“ wechselte.[17]

In dieser Phase las er in seiner Freizeit viele ökonomische Texte und bildete sich autodidaktisch weiter.[18]Vermutlich nutzte er dafür den 1890 gegründeten Verein der Bankbeamten in Berlin, der eine gut ausgestattete Bibliothek aufbaute und viele, insbesondere wirtschaftspolitische Vortragsveranstaltungen durchführte.[19]Lansburgh bezeichnet den Verein als „Fach- und Bildungsverein“[20] und erwarb hier das Fachwissen für seine spätere publizistische Tätigkeit.

Lansburgh übernahm für den Verein 1899 den Vorsitz einer Kommission, die damit beauftragt war, Fachkurse für die Weiterbildung von Bankbeamten einzurichten.[21] Diese Fachkurse begannen im Herbst 1899, Lansburgh war dort später selbst als Dozent tätig. Diese schließlich Fachschule genannten Kurse wurden 1911 in die „Bank-Akademie“ umgewandelt, womit sich der Anspruch an höhere fachliche Anforderungen verband.[22] 1901 gab Lansburgh den Vorsitz der Kommission an Georg Obst ab, der diese bis 1910 organisierte.[23] Mit Obst setzte Lansburgh den beruflichen Austausch fort. So veröffentlichte er zweimal (1922, 1928) einen Beitrag über Inflation in Obst´ extrem auflagenstarken Handbuch „Das Buch des Kaufmanns“. 1919 wurde Obst an die Universität in Breslau berufen und übernahm dort von Adolf Weber die Fachhochschulkurse für Wirtschaft und Verwaltung, die ein ähnliches Ziel wie die Bankbeamtenkurse in Berlin hatten, nämlich wissenschaftlich gebildete Praktiker auszubilden. Lansburgh hielt in diesem Rahmen auch in Breslau Vorlesungen.[24] Diese Verbindungen hielten ihn aber nicht davon ab, eine kritische Rezension über Obst´ Buch „Bankpolitik“ zu veröffentlichen.[25]

Den Verein der Bankbeamten, in dessen Vorstand Lansburgh am 24. Mai 1902 gewählt wurde, nutzte Lansburgh auch als Plattform seiner eigener Vortrags- und Publikationsaktivitäten.[26] So hielt Lansburgh am 6. Dezember 1901 vor ca. 1.000 Zuhörern einen kämpferischen Vortrag „Zur Börsengesetz-Reform“, in dem er gegen die Börsenreform von 1896 und deren Auslegung (vorausgegangen war ein aktuelles Urteil vom Reichsgericht) aus Sicht der Banken argumentierte. Aus dem Vortragstext, dessen Veröffentlichung von Jacob Riesser, dem Vorsitzenden des Centralverbands des deutschen Bank- und Bankiergewerbes, unterstützt wurde, entstand Lansburghs erste Publikation.[27] Die Gründung des Centralverbands des deutschen Bank- und Bankiergewerbes am 10. März 1901 war ihrerseits eine Reaktion auf die antikapitalistischen Ressentiments, die im Börsengesetz von 1896 ihren Ausdruck fanden.[28] Riesser war auch Herausgeber der Zeitschrift „Bank-Archiv“, die als wissenschaftliche Zeitschrift und Mitteilungsblatt des Centralverbands fungieren sollte.[29]

Lansburgh wechselte 1903 zur Zeitschrift „Ratgeber auf dem Kapitalmarkt“, die Anfang des Jahres durch den Bankier Siegmund Friedberg gegründet worden war. Die Zeitschrift erschien zunächst wöchentlich, dann zweimal die Woche und umfasste alle Finanz- und Börsenthemen, die für einen Anleger von Bedeutung waren. In der Zeitschrift wurden viele Werbeanzeigen für die Produkte der Bank Friedbergs, – mit Adressen in Berlin und London, was als besonders werbewirksam galt – abgedruckt. Die Redaktion saß mit der Bank im gleichen Gebäude. Diese Konstellation führte zu massiver Kritik an der Zeitschrift hinsichtlich der Unabhängigkeit ihrer Berichterstattung. Auch Eugen Schmalenbach, Professor an der Handelshochschule Köln, sah das Problem, dass sich die Zeitschrift nicht trug und durch den Verkauf von Wertpapieren durch die Friedberg-Bank subventioniert werden musste, somit ein Zuschussgeschäft Friedbergs war, er betonte aber ihre inhaltliche Qualität.[30] „Im übrigen aber ist der ‚Ratgeber‘ ein vorzügliches Organ (…). Da arbeitet ein kluger Kopf und eine flotte Hand in den Spalten (…). Wir können hier der Politik des Nichtanerkennwollens nicht dienen, müssen ihr sogar nachdrücklich entgegenwirken. Aus dieser Pflicht heraus muß ich sagen, daß der ‚Ratgeber‘ inhaltlich zu unseren besten Finanzblättern gehört. Auch das ist hervorzuheben, daß er unentwegt und rücksichtlos der Wahrheit nachgeht, selbst in Fällen, wo selbst angesehene Finanzorgane vor ihr zurückschrecken.“[31]

Allerdings ist eine strikte Trennung von Redaktion und Bank anzuzweifeln und auch die Rolle von Lansburgh erscheint unklar. So war Lansburgh noch im August 1904, unter der Bezeichnung „Bankier“ zusammen mit Friedberg von der Generalversammlung der Lederfabrik Aachen Actien-Gesellschaft in eine „Prüfungs-Commission“ gewählt worden, wobei 844 von 1195 Stimmen auf der Generalversammlung durch „Banquier Friedberg (Ratgeber auf dem Kapitalmarkt)“ vertreten wurden. Auf der Generalversammlung von 1905 erstattete er als „Revisor“ einen kritischen Bericht.[32]

Mit der Auflage des „Ratgebers“ wurde auf dem Titel geworben und sie stieg schnell und deutlich an.[33] Die Zeitschrift versprach die „Mitwirkung bewährter Fachleute“, allerdings waren alle Artikel anonym. Welche Artikel von Lansburgh stammen, lässt sich daher nicht sagen, auch wenn es z. B. bereits im „Ratgeber“ die Analyse der Großbankenabschlüsse gab, die Lansburgh bis 1934 betrieb.

Anfang Februar 1908 – Lansburgh hatte zu diesem Zeitpunkt, nämlich seit Herbst 1907 den „Ratgeber“ bereits verlassen, um seinen eigenen Bank-Verlag zu gründen – war Friedberg zahlungsunfähig. Er hob am Samstag, 8. Februar noch Bargeld von der Deutschen Bank ab und floh dann über London in die USA. Der Schaden lag bei 2,5 Millionen Mark, und betraf vor allem naive Privatanleger, die ihre Ersparnisse dem auch jenseits des „Ratgebers“ stark werbenden Friedberg anvertraut hatten.[34] Während des späteren Gerichtsprozess wurde bekannt, dass „Friedberg in der Zeit von Februar 1903 bis September 1908 für den ‚Ratgeber‘ ca. 1.150.000 Mark bar verausgabt hatte, dagegen an Inseraten und Abonnementsgeldern nur ca. 220.000 Mark vereinnahmte, er hatte also rund 900.000 Mark für den ‚Ratgeber‘ geopfert, alles natürlich auf Kosten der Sparer und Kapitalisten, die töricht genug gewesen waren, sich mit ihm einzulassen. Die Sachverständigen in dem Prozesse Friedberg konnten ihre Überzeugung dahin aussprechen, daß Friedberg trotz seines umfangreichen Geschäftes nie eine Bilanz gezogen habe, und daß das bei der Unordnung seiner Bücher auch nicht möglich gewesen wäre.“[35]

In einem offener Brief vom 11. Februar 1908 verteidigte Lansburgh seine und die Arbeit seiner Kollegen für Friedbergs Zeitschrift[36]: „Ich kenne den deutschen Zeitungsbetrieb und wage zu behaupten: An keinem anderen Blatte wäre es mir möglich gewesen, in gleicher Unabhängigkeit, in gleicher Unbekümmertheit um die Interessen des Herausgebers meine Ansichten niederzulegen wie hier.“ (…) „Dabei bin ich nicht einen Moment darüber im Zweifel, dass es im Grunde doch nur geschäftliche Interessen gewesen sind, die Friedberg veranlasst haben, dem leitenden Redakteur und den Mitarbeitern des ‚Ratgeber‘ völlig freie Hand zu lassen.“ Im „Ratgeber“ hatte ihn „der Augenschein (…) davon überzeugt (…), dass das theoretisch undenkbare — Trennung des Geschäftsinteresses von dem Inhalt des Blattes — in praxi möglich war. (…) Ich habe für dieses ehrliche Blatt Jahre hindurch ehrlich geschrieben.“ Zehn Tage später, am 21. Februar 1908, veröffentlichte der „Ratgeber“ auch eine Reaktion der Redaktion. Man habe in vielen Artikeln auf ein neues Depositenbank-Gesetz gedrängt und betont, man solle Depositen nur bei Banken hinterlegen, die jährliche Bilanzen veröffentlichen: „Manch einer mag sich gesagt haben, dass der Herausgeber eines Blattes, das so unvoreingenommen Rat erteilt, unbedingt vertrauenswürdig sein müsse, und dass das hohe Mass von Sympathie, das sich der ‚Ratgeber‘ im Laufe der Jahre zu erwerben gewusst hat, ohne weiteres auf den Bankier übertragen werden dürfe, dessen Name in fetten Lettern auf der Titelseite des Blattes geprangt hat. Das ist, wie es sich jetzt herausgestellt hat, ein schwerer Irrtum gewesen. Und dass es ein Irrtum gewesen ist, davon ist niemand im höheren Masse überrascht als sie Redaktion des ‚Ratgeber auf dem Kapitalmarkt‘. (…) Was in der ersten Etage des Hauses Neustädtische Kirchstraße 3 vor sich gegangen ist, das ist ja in der dritten Etage, der Redaktion dieses Blattes, genau so unbekannt gewesen, wie in den Redaktionen sämtlicher anderer Blätter.“ In der öffentlichen Reaktion wurde diese Trennung zwischen Bankgeschäft und Redaktion jedoch weiter stark bezweifelt.

In der Ausgabe vom 25. April 1908 wurde schließlich mitgeteilt, dass Alfred Lansburgh und sein Bank-Verlag „das Blatt von ‚Der Ratgeber auf dem Kapitalmarkt-Gesellschaft mit beschränkter Haftung‘ erworben haben, und es in möglichst wenig veränderter Weise unter demselben Namen und unter Mitwirkung eines Teils der besten seiner jetzigen und früheren Mitarbeiter fortführen werden. Das Blatt wird nach wie vor ehrlich und unerschrocken der Wahrheit dienen, wird absolut unabhängig und bestrebt sein, seinen Lesern ein verlässlicher und uneigennütziger Berater zu sein.“ Die Redaktion des „Ratgebers“ zog in der Folge in die Räume des Bank-Verlags, die Zeitschrift veröffentlichte nun Werbung für Publikationen des Bank-Verlags und auch thematisch gibt es viele Überschneidungen zur Zeitschrift „Die Bank“.[37]

Die Übernahme war für Lansburgh jedoch langfristig nicht erfolgreich. 1912 kam es zu einer Umstrukturierung und Reduktion des Umfangs der Zeitschrift, für die zum 1. April 1913 Erich Casper die Rolle des Herausgeber und Verleger übernahm.[38] Diesem gelang es nicht, die Zeitschrift zu stabilisieren, sodass Lansburgh Anfang 1914 mit dem Bank-Verlag erneut einsprang. Erst zum 1. April 1914 wurde durch Verkauf an Hermann Zickert die Zeitschrift langfristig in andere Hände gegeben.[39] Zickert, der noch ein paar Monate in den Räumen des Bank-Verlags blieb, baute den „Ratgeber“ stark um, führte aber die liberale Ausrichtung weiter.[40] Zickerts Verhältnis zu Lansburgh blieb eng: Er schrieb von 1913 bis 1918 viermal für „Die Bank“, er nannte Lansburgh einen „verdienten Herausgeber“ und lobt seine Analysen.[41] Auch veröffentlichte die Zeitschrift regelmäßig Werbung für Publikationen des Bank-Verlags. Zudem saß Lansburgh im Aufsichtsrat von Zickerts Verlagsgesellschaft.[42]

1908-1934: Finanzschriftsteller und Herausgeber

Lansburgh hatte im Herbst 1907 den „Ratgeber“ verlassen und die 120.000 Mark Aussteuer seiner Frau zur Gründung des Bank-Verlags genutzt.[43] Dabei ging es in erster Linie um die Herausgabe der Zeitschrift „Die Bank“, die von 1908 bis 1929 monatlich und ab 1930 wöchentlich erschien. Mit dem wöchentlichen Rhythmus stieg der Umfang der Zeitschrift an, die Mitarbeiterzahl wurde erhöht und längere Aufsätze verteilten sich über mehr Ausgaben.[44] Die Auflage der Zeitschrift „Die Bank“ betrug 1926 2.500 Exemplare.[45] Der Verlag saß bei Gründung in der Wielandstraße 13, zog dann aber, vermutlich wegen des gestiegenen Platzbedarfs durch die Übernahme des „Ratgebers“ im September 1909 in die Mansteinstraße 9. 1932 bezog der Verlag bis zur Auflösung Räume in der Bamberger Straße 44.

Das erfolgreichste journalistische Format von Lansburgh waren die „Briefe eines Bankdirektors an seinen Sohn“, die Lansburgh unter dem Pseudonym „Argentarius“ verfasste. Sie richten sich an einen fiktiven Sohn namens James und ließen den Leser aufgrund des Pseudonyms im Ungewissen über die tatsächliche Autorschaft. Dadurch wurde der gewünschte Eindruck, dass die „Briefe“ von einem Praktiker geschrieben wurden, verstärkt.[46] Die „Briefe“ erschienen erstmals von Ende 1908 bis 1913 im „Ratgeber“ und waren sofort ein großer Erfolg. Ab Juni 1909 wurden gesammelte Briefe als Sonderdrucke verkauft. Im Vorwort einer solchen Ausgabe schreibt Lansburgh, dass die Briefe „Aufklärung (…) verbreiten und Schaden (…) verhüten“ sollen.[47] Behandelt wurden zumeist tagesaktuelle Themen. Der scheinbar vertrauliche Kontext ermöglicht Lansburgh viele zugespitzte Wertungen. Später erschienen die Briefe auch wöchentlich in seinem Zeitungsprojekt „Die Chronik“ von 1924, zwischen 1930 bis 1933 dann 126 Mal in der Zeitschrift „Die Bank“.

Für seine in den 1920er Jahren verfassten Schriften, die in einer Reihe von 10 Bänden grundlegende Themen der Volkswirtschaftslehre behandelten, nutzte Lansburgh ebenfalls die Form der „Briefe eines Bankdirektors an seinen Sohn“. Diese waren jedoch nicht tagesaktuell, sondern zielten darauf, grundlegende Fragen über mehrere Briefe hinweg zu erläutern. Hier stechen insb. die drei Bände „Vom Gelde“, „Valuta“ und „Die Notenbank“ heraus, die 1923 unter dem Titel „Wesen des Geldes“ zu einem großen Erfolg und in fünf Sprachen übersetzt wurden. Dieses Buch war die erfolgreichste einer Vielzahl von Publikationen zur Hyperinflation und verlieh Lansburgh um das Jahr 1923 höchste Popularität als „Crash-Prophet“ . Zeitgenössische Rezensionen waren euphorisch. So schrieb z. B. das Berliner Tageblatt, Lansburgh habe „auf nur 124 kurzen, aber inhaltsschweren Seiten eine komplette und von den bisherigen Axiomen in wesentlichen Punkten abweichende Geldtheorie eingebettet. (…) In diesen immer mit der Sprache der Klarheit und manchmal mit der Sprache der Weisheit redenden Briefen wird eine Lehre vom Gelde bis in ihre tiefsten Wurzeln entwickelt.“[48]

Der Bank-Verlag beschäftigte nur wenige feste Mitarbeiter. In einer anlässlich des 25-jährigen Verlags-Jubiläums angelegten Kladde dankten die Mitarbeiter dem Verleger: „Deshalb sind die guten Wünsche, die wir heute für die weitere Entwicklung Ihres Verlages und für Ihr persönliches Wohlergehen darbringen, weit mehr als eine konventionelle Höflichkeit. Sie entspringen dem Gefühl inniger Verbundenheit mit dem Menschen und seinem Werke.“ Unterzeichnet haben die Danksagung zehn Personen, von denen nur Ludwig Mellinger namentlich in der Zeitschrift nachweisbar ist,[49] woraus sich folgern lässt, dass Lansburgh als Autoren der Zeitschrift, vom Schriftleiter abgesehen, ausschließlich freie Mitarbeiter einsetzte . Im Juni 1934 umfasste daher das Vermögen des Verlags nur „2 Büroräume, 1 Versandabteilung, 1 Archiv und 1 Empfangszimmer von ca. 200 qm Gesamtgröße. (…) Beschäftigt werden 2 Redakteure, 1 Archivar, 3 kaufmännische Angestellte und 1 Provisionsvertreter.“[50]

Vor dem Hintergrund der Erfolge aus den Inflationsjahren startete Lansburgh am 7. April 1924 mit hohem finanziellem Aufwand das Projekt einer liberal-konservativen Montagszeitung unter dem Titel „Die Chronik“.[51] Es wurden Redakteure für Politik, Wirtschaft, Kultur und Sport eingestellt. Jedoch ist auch ein hoher Anteil an Artikeln von Lansburgh in der „Chronik“ zu vermuten.[52] Die Zeitung hatte einen umfänglichen Wirtschaftsteil und war liberal ausgerichtet. Sie enthielt wiederholt Angriffe gegen die Arbeiterbewegung und schlug immer wieder nationale Töne an.[53] Ihre Auflage betrug 35.000 Exemplare[54]. Die Zeitung war ein offensichtlicher Misserfolg, da sie bereits nach sechs Ausgaben am 12. Mai 1924 wieder eingestellt werden musste. Vielleicht lag es auch an dem für eine Zeitung anspruchvollen Stil, da Lansburgh auch hier nicht auf Fußnoten oder auch lateinische und griechische Zitate verzichten wollte.[55]

Ein Leitartikel vom 22. April 1924 sticht aus den anderen Beiträgen von Lansburgh heraus, da es ausnahmsweise nicht um Geld und Banken, sondern um Antisemitismus geht. In dem Artikel wird „der Jude“ als Gast bezeichnet, der die Gastfreundschaft „mit dem Blut seiner Söhne“ im Weltkrieg bezahlt habe. „Aber immerhin, er gilt als Gast.“ Es wird ein unkultivierter Luxuskonsum durch Juden angeprangert, der Neid schüre. „So hat der Jude selbst das Hakenkreuz gegen sich aufrichten helfen.“ Jegliche radikale politische Position wird abgelehnt: „Die völkische Bewegung ist ebenso wie der Kommunismus eine radikale politische Erscheinung. Radikalismus aber ist ein Krankheitssymptom am Volkskörper. Und das deutsche Volk ist wirklich krank.“ Als Begründung werden die Wirren ab 1914 aufgezählt, insbesondere die Inflation und die Ruhrbesetzung. „Der Versuch der Verwirklichung dieses Gedankens [des Völkischen] würde das ganze deutsche Volk – daran ist gar nicht zu zweifeln – nur in ein neues Unglück führen.“ Die Lösung wird in stetiger Pflichterfüllung der Politiker gesehen. „Sie darf aber nicht in unfruchtbarer Opposition gegen die jeweils Regierenden, nicht in der leider traditionellen Befehdung deutscher Stämme untereinander und nicht in gefährlicher Experimentiersucht (‚Planwirtschaft‘ u. dgl.) bestehen. (…) Noch glaubt das deutsche Volk nicht an eine Regierung, die im Bewußtsein höchster Verantwortung und Pflichterfüllung diesen entsagungsvollen Weg beschreitet. Und so ist der Rechtsradikalismus, der jetzt von Sieg zu Sieg schreitet, mit allen seinen Utopien nur allzu erklärlich.“

Dem entspricht, dass Lansburghs Sohn Werner dessen Sorge erwähnt, die Juden könnten „sich mausig machen“, womit gemeint war, die besonders prominenten, reichen oder kommunistischen Juden könnten allzu große Aufmerksamkeit erwecken, womit sie antisemitische Verbitterung und Aggressivität schüren und eine ideale Zielscheibe für diese abgeben würden.[56] Alfred Lansburgh bezog die oben skizzierte Rollenzuweisung auch auf sich. Er sah sich als Gast und Außenseiter, der um seine gesellschaftliche Stellung kämpfen musste. Zudem wird seine liberale und gemäßigte politische Haltung deutlich.

Neben dem Erfolg der „Bank“ wuchs auch auf anderen Ebenen die Anerkennung.[57] So wurde Lansburgh zum Beispiel zu einem engen Gesprächspartner des Reichsbankpräsidenten Hans Luther[58], über den er in der „Bank“ stets nur positiv schrieb[59], z. B. indem er ihn einmal als „Herkules-Luther“ bezeichnete.[60] Dieser verfasste zum 25-jährigen Bestehen der „Bank“ ein Geleitwort,[61] setzte sich in seiner Zeit als Reichsbankpräsident ausführlich mit Stellungnahmen und Artikeln von Lansburgh auseinander und lud ihn zur Tagung der Friedrich List-Gesellschaft 1931 ein.[62]

Für diese Einladung zur Konferenz der Friedrich List-Gesellschaft im September 1931 über Möglichkeiten und Folgen einer Kreditausweitung, den „Lautenbach-Plan“, ging die Initiative von Hans Luther aus, der dem Vorstand der Gesellschaft angehörte.[63] Luther sah die Diskussion über eine Kreditausweitung in der herrschenden Krise als Pflicht für einen Reichsbankpräsidenten an, wenn er dem Plan inhaltlich auch kritisch gegenüberstand.[64]Obwohl die Einladungen nur vier Tage im Voraus verschickt wurden gab es nur eine Absage.[65] Dass Lansburgh, obwohl er nicht Mitglied der Gesellschaft war, eingeladen wurde, ging möglicherweise darauf zurück, dass sich Luther auf diese Weise Unterstützung für seine skeptische Position sichern wollte.[66] Lansburgh äußerte sich in der Aussprache dann auch kritisch: „Warum nennt man das Krisis? Warum nennt man diese Zeit des Ausruhens, wie ich es nennen möchte, unbedingt eine Krisis? Warum ist es schlimm, wenn der Geschäftsmann statt 8 Stunden am Tage 4 Stunden arbeitet oder an zwei Tagen in der Woche seinen Laden schließt?“[67] Die „Zeit des Ausruhens“ ist für ihn nur deswegen nicht möglich, weil Unternehmen und Haushalte zu wenig Reserven haben.[68]„Aber diese Wirtschaften mit Kredit, auf dem nicht nur unsere deutsche, sondern auch die ausländische Wirtschaft eingestellt ist, bewirkt eben, daß die Zeit der Ruhe eine Zeit der Krisis ist.“[69]

Lansburgh sprach sich daher vorsichtig für Überbrückungskredite aus, um Beschäftigung zu erhalten: „Es ist wichtiger, daß die Betriebe, die sich zur Not über Wasser halten, vielleicht gesunde Betriebe, die durch eine strenge Exekutionstaktik untergehen würden, weiter gehalten werden und ihre Arbeiter weiter beschäftigen können, als daß die Exekution sie an den Rand des Verderbens bringt; denn dann werden die Effekten stürzen, es werden neue Betriebe Not leiden und so kann es weitere geben, wenn diese Exekutionstaktik zum herrschenden Prinzip erklärt wird.“[70] Seine Zustimmung für den Lautenbach-Plan war letztlich aber politisch begründet: „Wir leben in einem parlamentarisch regierten Staat, wir müssen auf die Massenpsychose Rücksicht nehmen, und diese ist nun so beschaffen, daß sie, wenn man eine Lohnreduktion zumutet, auf der anderen Seite gern etwas Aktivität, von einem Plan hört.“[71] Konjunkturpolitik war für ihn also nur ein Zugeständnis an die Wähler und nicht aus ökonomischen Gründen anzustreben. Die Politik von Reichskanzler Heinrich Brüning und Reichsbankpräsident Luther wurde von Lansburgh unterstützt. Sein Sohn spekuliert darüber, ob sich Alfred später Vorwürfe gemacht habe, weil seine „orthodoxen ökonomischen Vorstellungen im Sinne der Manchester School“[72] in der Krise unfreiwillig dazu beigetragen haben könnten, dass sich der Nationalsozialismus durchsetzen konnte.[73]

Trotz des phasenweisen großen Erfolges der Zeitschrift gelang es Lansburgh nicht, sich materiell im gehobenen Bürgertum zu stabilisieren.[74] Die Familie war bemüht, in immer repräsentativere Wohnungen zu ziehen. Ab 1904 wohnte Alfred in der Habsburger Straße 3, ab 1912 in der Friedrich-Wilhelm-Str. 37 und 1921 zog die Familie in die Luitpoldstraße 2. In der Luitpoldstraße hatte die Familie 8 Zimmer in der 2. Etage gemietet. 1932 erfolgte ein Umzug in die Landshuter Straße 15, („kurz vor Hitler“) und er wurde damit Nachbar von Albert Einstein, zumindest bis 1935.[75]

Seiner Überzeugung über den kritischen Zustand des Geldwesens entsprechend, kaufte er im März 1920 einen Obsthof in Hammer an der Uecker für 65.000 Mark, den er verpachtete. Wenn es ihm auch auf diese Weise gelang, sich vor der Inflation zu schützen, musste erbeim Verkauf des Hofes im Oktober 1928 Zugeständnisse machen. Der Erlös in Höhe von nur für 6.000 Mark bedeutete auch unter Berücksichtigung der Währungsreform einen gewissen Verlust.[76]

Über den Freundeskreis der Familie ist wenig bekannt. Ein enger Freund war wohl Emil Herz (1877-1971), der ab 1921 Mitglied im Vorstand der Ullstein AG und Leiter des Propyläen-Verlags war.[77] Es verband ihn wohl auch eine Freundschaft zu Kurt Tucholsky und Siegfried Jacobsohn, die ihn ihrerseits als Finanzautorität anerkannten und während der Hyperinflation 1923 einen Aufsatz von ihm in der „Weltbühne“ veröffentlichten.[78] Siegfried Jacobsohn, mit dem er vermutlich mütterlicherseits verwandt war, soll ihn einmal als den „Lessing der deutschen Nationalökonomie“ bezeichnet haben.[79] So schrieb Lansburgh auch Theaterstücke und trat als Amateurschauspieler auf.[80] Von seinen elf Stücken erschienen zehn im Bank-Verlag und einer in dem renommierten Theaterverlag „Drei Masken Verlag“. Auch die Theaterstücke hatten ausschließlich ökonomische Themen zum Gegenstand.

1935-1943: „Arisierung“ und Verfolgung

Ab 1933 kritisierte Lansburgh die neuen nationalsozialistischen Machthaber ziemlich unverblümt. Die von Nationalsozialisten wie Gottfried Feder geäußerten Pläne zur Verstaatlichung der Banken bezeichnete er als „Uebereifer“ von Leuten mit „geringem Sachverständnis“. Vor diesen „unbesonnenen Eiferern“ müsse die Wirtschaft geschützt werden.[81] Die Ziele der Nationalsozialisten seien nur anwendbar in einem einfachen „kleinstaatlichen oder regionalen Ständewesens“. Sie setzten „Primitivität“, „Kleinformat oder Mittelmaß“ voraus. Die „hochkomplizierte Wirtschaft unserer Tage, deren Schöpfer und Exponent das Bankwesen (zusammen mit der Aktie und der Börse) ist“, müsste dafür zur Einfachheit zurückgeführt werden. Er verglich die Bekämpfung von privaten Banken mit der Hexenverfolgung und warnte, dass eine Umsetzung der Verstaatlichung und „Brechung der Zinsknechtschaft“ zurück in ein finsteres Mittelalter führe.[82] Lansburgh wies auch auf die Widersprüchlichkeit zwischen der tatsächlichen nationalsozialistischen Banken-Politik und der programmatischen, antikapitalistischen Haltung hin, „wenn man, nachdem man die Banken eben erst abgekanzelt hat, weil sie leichtfertig Kredite gegeben und infolgedessen in der Krise viele Hunderte von Millionen verloren hätten, von denselben Banken verlangt, sie sollten mehr ungedeckten, auf Vertrauen beruhenden Personal-Kredit geben und weitgehend auf Real-Sicherheiten verzichten?“[83]

Aufgrund des Schriftleitergesetzes vom 4. Oktober 1933, demgemäß ein Hauptschriftleiter „Arier“ sein musste (§6), konnte Lansburgh nicht Herausgeber der „Bank“ bleiben. Daher übernahm mit der Ausgabe vom 20. Juni 1934 Ludwig Mellinger die Aufgabe des Geschäftsführers des Bank-Verlags und des Hauptschriftleiter der Zeitschrift „Die Bank“. Mellinger war seit 1930 Mitarbeiter und ab 1931 Schriftleiter der „Bank“ gewesen. Der Gesellschaftsvertrag über die Gründung der „Bank-Verlag GmbH“ als Fortführung des „Bank-Verlag Alfred Lansburgh“ wurde am 8. Juni 1934 in den Geschäftsräumen des Centralverbandes der Deutschen Bank- und Bankiersgewerbes in Berlin geschlossen. Den Kaufpreis leistete ein „Banken-Konsortium zur Erhaltung der Zeitschrift ‚Die Bank‘“ und die GmbH wurde damit nicht belastet. Als Begründung für den Verkauf steht in den Akten: „Lansburgh soll angeblich nicht Deutscher und nicht Arier sein, daher der erfolgte Verkauf.“ Die Stammeinlage von 20.000 Mark wurde zu einem Viertel eingezahlt und zu 95 % von Ludwig Mellinger und zu 5 % vom „Kaufmann Herr Dr. rer. pol. Hans Masel“ bzw. ab Januar 1935 dem Rechtsanwalt Dr. Hans Koch gehalten.[84]

Walter Hofmann, während der Zeit des Nationalsozialismus Herausgeber des „Handbuchs für das gesamte Kreditwesen“ im Auftrag des „Instituts für Bankwissenschaft und Bankwesen“, schreibt dazu 1960 an Ludwig Mellinger: „Es war bald nach Beginn der Ära des ‚1000jährigen Reiches‘, als Sie mir in einem sehr ernsten Gespräch – ich war damals einer der engsten Mitarbeiter des damaligen Präsidenten des deutschen Bank- und Bankiergewerbes Otto Christan Fischer – Ihre große Sorge über die Zukunft der von Ihnen redigierten Zeitschrift mitteilten, die Sie wegen der Bedrohung des jüdischen Verlagsinhabers und Herausgebers, Alfred Lansburgh, als gefährdet ansehen mußten. Durch die Initiative Otto Christan Fischers wurde damals der Weg gefunden, der Ihren menschlichen Verpflichtungen gegenüber Alfred Lansburgh und den berufsständischen Interessen an der Erhaltung der Zeitschrift gleichermaßen gerecht wurde und die Überleitung der Herausgeberfunktion in Ihre Hände ermöglichte. Seit dem Jahre 1937 ist die Zeitschrift dann in Ihrem eigenen Verlag (Bank-Verlag Dr. Ludwig Mellinger, Berlin) erschienen, nachdem sie sich besonders in der Zeit der grundsätzlichen Debatte über den Bestand oder Nichtbestand des privaten Bankgewerbes in der Bankenenquete 1934 als festes Bollwerk der Interessen des privaten Bankgewerbes erwiesen hatte.“[85] Zusammen mit Friedrich Reinhart und August von Finck war Otto Christan Fischer einer der ersten Vertreter des Bankgewerbes, der die NSDAP bereits vor 1933 öffentlich unterstützt hatte und der antisemitischen Rhetorik zustimmte. Er wurde damit belohnt, dass er der wichtigste Banken-Funktionär im „Dritten Reich“ wurde.[86]

Die Nationalsozialisten beobachteten „Die Bank“ und kritisierten auch nach ihrem Wechsel zu Mellinger, dass Lansburgh weiterhin seine „orthodoxe Goldwährungstheorie“ vertreten, „miesmachen“ und „Verwirrung säen“ könne. Er schreibe „aus der geistigen Enge eines die heutige Welt nicht begreifenden blutsfremden Literaten und Theoretikers, der fordert, daß sich die Tatsachen seinen Theorien unterordnen.“ „Die Bank“ sei weiterhin „nur mit großer Vorsicht zu genießen. Es liegt ja schließlich nicht im Sinne des Schriftleitergesetzes, daß ein abgebauter Schriftleiter nachher als Hauptschriftsteller derselben Zeitschrift sich munter weiter betätigt.“[87] Vor dem Hintergrund dieser Kommentare ist es nicht verwunderlich, dass nach der „Arisierung“ der Zeitschrift nur noch wenige Texte von Lansburgh – bis 1935 – erschienen.

Gemäß Anordnung der Reichspressekammer vom 5. April 1936 wurde die „Bank-Verlag GmbH“ durch Gesellschafterbeschluss vom 31. März1937 durch Übertragung ihres Vermögens auf den alleinigen Gesellschafter, den Schriftleiter Dr. Ludwig Mellinger in Berlin-Wilmersdorf, rückwirkend zum 1. Januar 1937 in die Personengesellschaft „Bank-Verlag Dr. Ludwig Mellinger“ umgewandelt.[88] Grundlage war das „Gesetz über die Umwandlung von Kapitalgesellschaften“ vom 5. Juli 1934, mit dem eine „Abkehr von anonymen Kapitalformen zur Eigenverantwortung des Unternehmers“[89] erreicht werden sollte. In diesem Zusammenhang kaufte Mellinger Hans Koch die 5 % GmbH-Anteile für 1.000 Mark ab. Die Umwandlung und der Verkauf des 5 %-Anteils 1937 erfolgte durch die Notare Karl Bennecke und Karl Meidinger, die mit Hans Koch eine gemeinsame Kanzlei betrieben.[90] Aus den geschilderten Zusammenhängen lässt sich schließen, dass Otto Christian Fischer die Zeitschrift erhalten wollte und daher die Finanzierung der „Arisierung“ des Verlages durch Ludwig Mellinger mit den Banken des Centralverbandes organisierte. Lansburgh erhielt den Kaufpreis von 49.000 Mark und hielt über einen Strohmann bis 1937 einen Anteil von 5 % am Verlag.

1950 strengte die Witwe Frida Lansburgh ein Wiedergutmachungsverfahren mit dem Ziel einer „Entschädigung für den Verlust beim Zwangsverkauf des Bankverlages Berlin (…), Wert angeblich 175.000 RM, Erlös 25.000 RM“ an. Man teilte ihr mit, dass es den Verlag nicht mehr gebe und Forderungen nur gegen Ludwig Mellinger persönlich möglich seien. Daraufhin verzichtete Frida Lansburgh darauf, Ludwig Mellinger persönlich in Haftung zu nehmen, und zog den Antrag zurück.[91] Hierfür mag eine Rolle gespielt haben, dass Mellinger Lansburgh in den Jahren 1934-1936 mit 5 % an den Gewinnen des Verlags beteiligt hatte. Über den Unternehmenswert des Verlags im Sommer 1934 lassen sich nur Mutmaßungen anstellen. Leider gibt es nur eine Bilanz vom 31. Dezember 1936. Zu diesem Zeitpunkt betrug die Bilanzsumme der „Bank-Verlag GmbH“ 75.967 Mark, davon 64.836 Mark Eigenkapitel. Der Umsatz lag 1936 bei 142.047 Mark und der Reingewinn bei 15.156 Mark. Als Gewinnvortrag aus den Jahren 1934 und 1935 werden 29.680 Mark angegeben, so dass die Entwicklung als relativ stabil eingeschätzt werden kann.[92] Von daher ist eine Bewertung in Höhe von 175.000 Mark nicht unrealistisch.

Im Jahre 1943 führte die Bewirtschaftung des Druckpapiers zu einer Vereinbarung zwischen dem in „Wirtschaftsgruppe Privates Bankgewerbe“ umbenannten Centralverband des deutschen Bank- und Bankiergewerbes und dem Bank-Verlag, derzufolge das Bank-Archiv und „Die Bank“ zur Zeitschrift „Die Bankwirtschaft“ zusammengelegt wurde.[93] Als „Bankwirtschaft“ erschien die Zeitschrift als eine der wenigen Zeitschriften des Verlags de Gruyter bis April 1945 und hatte mit 5.000 Exemplaren die mit weitem Abstand höchste Auflage aller noch erscheinenden Zeitschriften des Verlags im Jahr 1945.[94]

Nachdem Lansburgh 1935 mit einem Schreibverbot belegt worden war, konnte er nur noch durch Verkauf von Artikeln an ausländische Zeitungen Geld verdienen, wie z. B. 1937 an den niederländischen „Telegraf“.[95] Die Familie musste aus der großzügigen Wohnung in der Landshuter Straße 15 in eine Wohnung in der Stübbenstrasse 1 umziehen.[96] Alfred fand sich zu alt, um eine neue Sprache zu erlernen, in der er schreiben könne, und für ein Rentnerdasein im Ausland reichte das Geld nicht.[97] 1933 hatte er seinen Sohn zum Studium in die Schweiz geschickt.[98] Im Frühjahr 1937 wurde klar, dass die Familie durch Alfreds Geburt in London einen Anspruch auf einen britischen Pass hatte.[99]

Lansburgh nahm sich am 11. September 1937 durch Schlaftabletten das Leben.[100] Sein Selbstmord reiht sich in einen statistisch nachweisbaren starken Anstieg der Selbstmorde von Juden in diesem Jahr ein.[101] Die Beerdigung fand am 14. September 1937 auf dem Städtischen Friedhof Eisackstraße in Schöneberg nahe der Maxstraße statt. Da drei Grabstätten gekauft wurden, ging die Familie offenbar davon aus, in Deutschland bleiben zu können.[102] Aufgrund der Pläne der Nationalsozialisten für den Südbahnhof zugunsten der Planung einer „Welthauptstadt Germania“ wurde 1939 ein Teil des Friedhofs auf verschiedene Friedhöfe verlegt. In diesem Zusammenhang wurde Lansburgh auf den Wilmersdorfer Waldfriedhof Stahnsdorf umgebettet.[103]

Der letzte Wohnsitz der Witwe Lansburgs und ihrer Tochter in Berlin war die Münchener Straße 30, in der sie zur Untermiete wohnten.[104] Am 25. August 1943 konnten beide Berlin noch verlassen und zogen über London nach Schweden, wo Alfreds Sohn Werner mittlerweile bei der britischen Botschaft arbeitete.[105] Ihre Wohnungseinrichtung war eingelagert und verbrannte im Krieg bzw. wurde in die Sowjetunion gebracht.[106]

Fazit

Viele Aspekte aus Lansburghs Leben sind über die Zeit in Vergessenheit geraten, was irreführenden Interpretationen und unangemessenen Kontextualisierungen Vorschub leistet. Kentnisse zur Biografie Lansburghs und seiner Person sollen somit auch zu seinen Texten einen neuen Zugang ermöglichen.

Lansburgh war sein Leben lang ein überzeugter liberaler Publizist. Nach einer nicht besonders erfolgreichen Karriere im Bankwesen wurde er zunächst Wirtschaftsjournalist und dann Herausgeber einer der wichtigsten Wirtschaftszeitschriften der Spätzeit des Kaiserreichs und der Weimarer Republik. Früher und intensiver als kaum ein anderer hat er die während des Ersten Weltkriegs einsetzende Zerrüttung der Währung erkannt und eindrucksvoll dagegen angeschrieben. Radikale politische Ansätze lehnte er jedoch ab.

Aufgrund seiner jüdischen Abstammung wurde er ein Opfer des Nationalsozialismus, dessen Unterdrückung ihn in den Selbstmord trieb. Die Vorgang der „Arisierung“ seines Verlages zeigt aber auch die Ambivalenz, in der sich die Akteure der damaligen Zeit befanden. Soweit sich rekonstruieren lässt, profitierte Ludwig Mellinger zwar finanziell von der Übernahme des Bank-Verlags. Dennoch muss Mellinger Lansburgh gegenüber so loyal gewesen sein, dass seine Witwe auf Entschädigung verzichtete und der Kontakt zwischen den Familien bis in die 1960er Jahre bestehen blieb.

Literaturverzeichnis

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Zeitungen und Zeitschriften

  • Bankbeamten-Zeitung
  • Berliner Adreßbuch
  • Berliner Tageblatt
  • Berliner Börsen-Zeitung
  • Berliner Volkszeitung
  • Deutscher Reichsanzeiger
  • Die Chronik
  • Frankfurter Allgemeine Zeitung
  • Neue Zürcher Zeitung
  • New York Times
  • Ratgeber auf dem Kapitalmarkt
  • Schlesische privilegirte Zeitung

Archive:

  • Exil-Archiv: NL 165 – Werner Lansburgh EB 2001/108:
  • Landesarchiv Berlin
  • Archiv der IHK München, Personalakten
  • Bundesarchiv
  • Arolsen Archives, International Center on Nazi Persecution

[1] Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31.3.1950.

[2] Eine etwas ausführlichere Biographie von Alfred Lansburgh, eine Analyse der Zeitschrift „Die Bank“, eine Darstellung seiner Geldtheorie und seiner Vorstellungen zum Finanzsystem finden sich in Greitens (2021).

[3] Vgl. Lansburgh (1990) S. 11; der Name stammt vermutlich von der Stadt Landsberg am Lech.

[4] Vgl. Degener (1935); United Grand Lodge of England Freemason Membership Register 1751-1921; England & Wales National Probate Calendar (Index of Wills and Administrations) 1858-1995 (Neander Lansburgh 1875). Das Krankenhaus war besonders für seine psychiatrische Abteilung bekannt. Ob eine psychiatrische Erkrankung vorlag, lässt sich allerdings nicht klären.

[5] Vgl. Berliner Börsen-Zeitung vom 10.11.1875; im „Berliner Adreßbuch“ wird Jenny als „Kaufmannswitwe“ geführt.

[6] Vgl. Werbeanzeige im Berliner Tageblatt vom 25.11.1879.

[7] Vgl. Lansburgh (1990) S. 11-13.

[8] Berliner Börsen-Zeitung vom 19.10.1886.

[9] Wer den 14-jährigen Alfred 1886 aufnahm, ist leider unklar. In der Dorotheenstraße, nahe dem Französischen Gymnasium, waren zu dieser Zeit weder Lansburghs noch Jacobsohns im „Berliner Adreßbuch“ geführt. Allerdings betrieb ein Kaufmann namens Heimann auch in der Karlstr. 29 ein Geschäft, der in der Dorotheenstraße 56 wohnte.

[10] Vgl. Lansburgh (1990) S. 9.

[11] Vgl. Lansburgh (1990) S. 13; Berliner Tageblatt vom 6.2.1907; Berliner Börsen-Zeitung vom 7.2.1907.

[12] Vgl. Exil-Archiv: NL 165 – Werner Lansburgh EB 2001/108: Interview von Frida Lansburgh mit The Weekly News, 20.11.1943.

[13] Die wichtigste Quelle zur Biographie von Alfred Lansburgh ist sein Sohn Werner, der jedoch als Schriftsteller die Zusammenhänge häufig zugespitzt darstellt.

So schreibt er, Alfred sei mit fünf Jahren als Vollwaise aus London nach Berlin zu „hartherzigen Verwandten in die Dorotheenstraße“gekommen und diese hätten das Familienvermögen aus den Lansburgh´schen Schreibutensilien-Patenten durchgebracht (Vgl. Lansburgh (1990) S. 11). Er kam jedoch bereits als Kleinkind mit beiden Eltern nach Berlin und wurde erst mit 14 Jahren Vollwaise. Die Patente stammten aus der mütterlichen Familie und es könnte auch sein, dass seine Mutter das Vermögen aufbrauchte. Die Vornamen der Eltern von Alfred gibt Werner als Charles bzw. Rahel an, obwohl sie W. Neander bzw. Jenny hießen.

Er schreibt, dass das Grab seines Vaters „wenige Wochen“ nach der Beerdigung 1937 für den Bau einer Autobahn habe verlegt werden müssen (Manuskript „Memoirs of a Continental“ von 1960 im Exil-Archiv: NL 165 – Werner Lansburgh EB 2001/108, S. 7). Alfred wurde nach knapp zwei Jahren für den geplanten, aber nicht umgesetzten Bau eines Bahnhofs umgebettet.

Als einen engen Freund seines Vaters („my fathers only relation“) nennt er Dr. Frankendorf, der ein preußischer Notar gewesen sei (Manuskript „Memoirs of a Continental“ von 1960 im Exil-Archiv: NL 165 – Werner Lansburgh EB 2001/108, S. 7). Es ist jedoch niemand mit diesem Namen in Berlin zu dieser Zeit nachweisbar.

Werner Lansburgh schreibt auch, dass „die besten Freunde meiner Eltern, der Chef des Ullsteinschen Propyläen-Verlags und seine Frau, eine geborene Ullstein, gewesen (beide in Auschwitz vergast)“ seien (vgl. Lansburgh (1990) S. 244). Damit ist wohl Emil Herz (1877-1971) gemeint, der aber in den 1930er Jahren in die USA emigrieren konnte.

Die Motive dieser Fehler sind unklar: Möglicherweise konnte sich Werner nicht mehr anders erinnern oder es sind Versehen. Vielleicht wollte er auch Personen schützen oder es ging ihm um eine künstlerische Zuspitzung (mit den Motiven Autobahn, Vereinsamung, Vergasung).

[14] Vgl. Lansburgh (1990) S. 32.

[15] Vgl. Lansburgh (1990) S. 10, ähnlich z. B. Nagel (1936) S. 62.

[16] Lansburgh berichtet von seiner Zeit bei der BHG während der Krise mit Serbien (1885-1895) in „Die Bank“ (Lansburgh (1931 Finanzgeschichte) S. 768-770), dieser Abschnitt wird zitiert in BHG (1959) S. 80-82.

[17] Vgl. Degener (1935); Lansburgh ist im „Berliner Adreßbuch“ 1903 noch als Kaufmann verzeichnet. Ab 1904 ist er als Finanzschriftsteller, wohnhaft Habsburger Straße 3, eingetragen.

[18] Vgl. Manuskript „Memoirs of a Continental“ von 1960 im Exil-Archiv: NL 165 – Werner Lansburgh EB 2001/108, S. 1.

[19] Vgl. Beck (1927) S. 27.

[20] Lansburgh (1912 Gewerkschaft) S. 894.

[21] Vgl. Obst (1904) S. 5.

[22] Vgl. Sieler (1912) S. 47f, 52. Die heutige Bank-Akademie / Frankfurt School of Finance & Management beruft sich historisch nur auf die 1957 u.a. von Reinhold Sellien durch den Gabler Verlag in Wiesbaden gegründete Bank-Akademie. Sellien hatte ab 1952 zudem die „Briefe eines Bankdirektors an seinen Sohn“ als Ausbildungsformat von Lansburgh für seine Zeitschrift „Der Bankkaufmann“ kopiert.

[23] Vgl. Obst (1904) S. 5.

[24] Vgl. Schlesische privilegirte Zeitung vom 16.10.1921.

[25] Lansburgh (1915 Literatur) S. 613-615.

[26] Vgl. Berliner Börsen-Zeitung, 27.5.1902.

[27] Vgl. Lansburgh (1902 Börsengesetz); Anzeigen zur Publikation in der Berliner Börsen-Zeitung am 16.12.1901, 20.12.1901 und 15.1.1902.

[28] Vgl. James (2001) S. 9f.

[29] Der Centralverband und der Berliner Bankbeamten-Verein arbeiteten in den frühen Jahren auch ansonsten harmonisch zusammen. Riesser wurde später zum Ehrenmitglied des Vereines der Bankbeamten in Berlin ernannt (siehe z. B. Bankbeamten-Zeitung vom 1.1.1902; Beck (1927) S. 15).

[30] Vgl. Schmalenbach (1906) S. 363.

[31] Schmalenbach (1906) S. 365.

[32] Vgl. Berliner Börsen-Zeitung vom 28.8.1904; Berliner Börsen-Zeitung und Berliner Tageblatt vom 10.8.1905.

[33] Chefredakteur im Jahr 1903 war Franz Mahler, später wurde es Benno Kaufmann (der von 1909 bis 1911 auch in „Die Bank“ insgesamt sechs Aufsätze schrieb) und Paul Köhler (Verfasser von insgesamt 14 in „Die Bank“ veröffentlichten Aufsätzen zwischen 1916 bis 1928). Lansburgh zeigte also eine hohe Loyalität gegenüber seinen ehemaligen Kollegen.

[34] Vgl. Berliner Tageblatt am 8.2.1908 und am 17.2.1908; New York Times vom 14.7.1908; auch die Ermittlungen erregten große öffentliche Aufmerksamkeit, denn in ihrem Verlauf wurde der „Dichterkommissar“ Müller öffentlich als „nervenkrank“ bezeichnet und er verfasste eine lange Verteidigungsschrift, in der er seine Erfolglosigkeit und den damals erstmaligen Einsatz einer Pressemeldung zur Fahndung („offene Telegramme“) verteidigte (Vgl. Müller (1908) und New York Times vom 8.3.1908). Er quittierte während der Ermittlungen seinen Dienst und wurde unter dem Namen Müller-Eberhart bis in die 1950er Jahre hinein ein erfolgreicher Schriftsteller.

[35] Weber (1915) S. 192.

[36] „Ratgeber“ vom 11.2.1908 sowie wortgleich in der zweiten Augabe der „Bank“ (1908/1, S. 199-201)

[37] Chefredakteur des „Ratgebers“ wurde Hans Hirschstein, der von 1912 bis 1932 auch für „Die Bank“ insgesamt 10 Aufsätze verfasste.

[38] Auch dessen Chefredakteur W. Ch. Degen beschäftigte Lansburgh später noch im Bank-Verlag.

[39] Zu Zickert als „Wegbereiter der modernen Finanzanalyse und Altmeister der Börse“ (S. 218) siehe Heeb (2009). Er war zuvor u.a. für den „Plutus“ von Georg Bernhard tätig gewesen.

[40] Vgl. Zickert (1913).

[41] Z. B. Zickert (1919).

[42] Vgl. Berliner Börsen-Zeitung vom 28.5.1914.

[43] Vgl. Lansburgh (1990) S. 12; Gründung angezeigt in der Berliner Volkszeitung vom 25.12.1907.

[44] Vgl. Nagel (1936) S. VII.

[45] Vgl. Müller (1925) S. 20; zum Vergleich: Bernhards „Plutus“ hatte 1906 eine Auflage von 4.000 Exemplaren (vgl. Radu (2017) S. 239).

[46] Z. B. Neue Zürcher Zeitung vom 14.8.1924.

[47] Lansburgh (1912 Briefe) Vorwort.

[48] Berliner Tageblatt vom 13.3.1921.

[49] Exil-Archiv: NL 165 – Werner Lansburgh EB 2001/108; die Namen lauten, sofern erkennbar: Ludwig Mellinger, Hans Roschek, Richard Engslen, Antonie Loeber, Martha Rindfleisch, Else Knopf, Javor (?), Hans Just, Günther Klotzsch, Hilda Allin (?).
Das Jubiläum der „Bank“ Anfang 1933 wurde groß begangen. Reichbankpräsident Hans Luther schrieb ein Grußwort und Finanzminister von Krosigk einen Beitrag. Zudem wurde eine große Pressekampagne betrieben, die ein großes Echo in den deutschen Zeitungen fand. Davon zeugt eine Zusammenstellung von Max Goldschmidt, Büro für Zeitungsausschnitte, die im Nachlass von Werner Lansburgh zu finden ist (Exil-Archiv: NL 165 – Werner Lansburgh EB 2001/108).

[50] Landesarchiv Berlin, A Rep. 342-02 Nr.15280 (1934-1943).

[51] Vgl. Lansburgh (1990) S. 38.

[52] Die offiziell mit seinem Namen gekennzeichneten Artikel sind insbesondere Leitartikel und explizite Auszüge aus „Die Bank“. Darüber hinaus erschienen Artikel gezeichnet mit A. L., Briefe eines Bankdirektors an seinen Sohn von Argentarius, sowie kleine Theater-Stücke unter dem Namen Neander und Jean Jacques (vermutlich eine Anspielung auf Rousseau).

[53] Z. B. wirft er am 22.4.1924 Rudolf Hilferding vor, mit der „Freiheit“ eine linksradikale Zeitung betrieben zu haben, die von reichen Adeligen „als Versicherungsprämie für den Fall einer wirklich blutigen Revolution“ finanziert worden sei.

[54] Vgl. Müller (1925) S. 45.

[55] Dies war eine generelle Eigenschaft seiner Texte (vgl. Manuskript „Memoirs of a Continental“ von 1960 im Exil-Archiv: NL 165 – Werner Lansburgh EB 2001/108, S. 1).

[56] Vgl. Lansburgh (1990) S. 71f.

[57] Er gab nachweislich Vorlesungen beim Verein der Bankbeamten in Berlin 1911 (Berliner Börsen-Zeitung vom 11.1.1911 und vom 24.1.1911), im Rahmen der Fachhochschulkurse für Wirtschaft und Verwaltung in Breslau 1921 (Schlesische privilegirte Zeitung vom 16.10.1921) und beim Verein für Kommunalwirtschaft und Kommunalpolitik 1928 (Berliner Börsen-Zeitung vom 22.1.1928).

[58] Vgl. Borchardt / Schötz (1991) S. 55. Ein weiteres Beispiel für die zeitgenössische Bedeutung Lansburghs ist ein Gutachten im Zusammenhang mit einer Konferenz-Teilnahme zur „Valuta-Frage“ für den Reichskanzler Bauer im Oktober 1919, das im gleichen Monat unter dem Titel „Das Schicksal der deutschen Währung“ auch in der „Bank“ erschien (1919/2, S. 635-665). Dieses fand eine größere Aufmerksamkeit, z. B. im Leitartikel von Hermann Zickert im „Ratgeber“ vom 22.10.1919.

[59] Schwebende Schuld, 1930/1, S. 617-619; Reparations-Taktik, 1931/1, S. 331-333; Die Diskont-Senkung der Reichsbank, 1932/1, 506-509, Hjalmar Schacht – wieder Reichsbank-Präsident, 1933/1, S. 403f; Der Präsidenten-Wechsel bei der Reichsbank, 1933/1, 424-426.

[60] Lansburgh (1933 Präsidenten-Wechsel) S. 426.

[61] Vgl. Luther (1932).

[62] Siehe Bundesarchiv R 2501/6492, R 2501/6418, R 2501/6482.

[63] Vgl. Borchardt / Schötz (1991) S. 17 und Brügelmann (1956) S. 133.

[64] Vgl. Brügelmann (1956) S. 133.

[65] Vgl. Brügelmann (1956) S. 133.

[66] Zumindest mit Edgar Salin ist eine analoge Absprache nachweisbar (vgl. Kim (1997) S. 131f).

[67] Borchardt / Schötz (1991) S. 195.

[68] Vgl. Borchardt / Schötz (1991) S.195; der Mangel an Reserven ist seit 1908 ein Thema in Lansburghs Texten und wird aus seiner Sicht maßgeblich von den Banken gefördert.

[69] Borchardt / Schötz (1991) S. 196.

[70] Borchardt / Schötz (1991) S. 199.

[71] Borchardt / Schötz (1991) S. 200.

[72] Übersetzt nach Manuskript „Memoirs of a Continental“ von 1960 im Exil-Archiv: NL 165 – Werner Lansburgh EB 2001/108, S. 7.

[73] Vgl. Lansburgh (1990) S. 92.

[74] Vgl. Lansburgh (1990) S. 14f. 1921 ließ sich Alfred Lansburgh von Paul Höniger in Öl porträtieren. Abzüge des Gemäldes wurden in speziellen Auflagen des „Wesen des Geldes“ 1923 verbreitet. Lansburghs Zeitung „Die Chronik“ würdigte Höniger anlässlich seines Todes mit den Worten, seine Bilder seien „Juwelen der Malerei“. Er habe zunehmend Portraits gemalt: „Seine Bildnisse haben neben dem Künstlerischen, das sie auszeichnet, eine geradezu verblüffende Lebenswahrheit; sie ‚sprechen‘.“ (Die Chronik vom 28.4.1924).

[75] Vgl. „Berliner Adreßbuch“; Lansburgh (1990) S. 28, 31; Manuskript „Memoirs of a Continental“ von 1960 im Exil-Archiv: NL 165 – Werner Lansburgh EB 2001/108, S. 1.

[76] Heute Untere Dorfstraße 11/12 (Grundbuchamt des Amtsgerichts Pasewalk, Bd. 6, Blatt 287); vgl. Lansburgh (1990) S. 20f.

[77] Vgl. Lansburgh (1990) S. 244 sowie Auskunft von Daniela Gastell.

[78] Vgl. Lansburgh (1990) S. 10, 15, 24; Lansburgh (1923 Preis). Von einer Beeinflussung des berühmten Zitates von Kurt Tucholsky („Die Grundlage aller Nationalökonomie ist das sog. ‚Geld‘. Geld ist weder ein Zahlungsmittel noch ein Tauschmittel, auch ist es keine Fiktion, vor allem aber ist es kein Geld. Für Geld kann man Waren kaufen, weil es Geld ist, und es ist Geld, weil man dafür Waren kaufen kann. Doch ist diese Theorie inzwischen fallen gelassen worden. Woher das Geld kommt, ist unbekannt. Es ist eben da bzw. nicht da – meist nicht da.“, Kurzer Abriß der Nationalökonomie, 1931) ist auszugehen.

[79] Vgl. Lansburgh (1990) S. 127.

[80] Vgl. Lansburgh (1990) S. 11.

[81] Vgl. Lansburgh (1933 Brief) S. 1696.

[82] Vgl. Lansburgh (1933 Grundsätzliches) S. 1789.

[83] Lansburgh (1933 Grundsätzliches) S. 1791f.

[84] Landesarchiv Berlin, A Rep. 342-02 Nr.15280 (1934-1943).

[85] Hofmann (1960) S. 26.

[86] Vgl. James (1995) S. 391; James (2001) S. 57, 277; Köhler (2008) S. 63; Wixforth (2013) S. 290. Otto Christan Fischer, vielfacher Autor im „Bank-Archiv“, wurde noch unter Herausgeber Lansburgh als Bankvorstand und ab 1933 auch in seiner Rolle als Verbandsfunktionär vielfältig erwähnt. Seine Positionen zur Steuerflucht, die er auch in der „Bank“ vertreten konnte, und in der Bankenenquete von 1933 wurden von Lansburgh positiv besprochen (siehe Fischer (1930); Lansburgh dazu im Aufsatz “Zinsknechtschaft” (1931) und zur Bankenenquete in mehreren „Briefen“ im Jahr 1933).

[87] Bundesarchiv, Arbeitswissenschaftliches Institut der Deutschen Arbeitsfront, NS5-VI Nr. 17646 S. 79-81; siehe dazu auch Wirtschaftsdienst, Heft 6 vom 9.2.1934, S. 183 und Die deutsche Volkswirtschaft, Nr. 18 vom 20.12.1933, S. 553f.

[88] Deutscher Reichsanzeiger vom 4.5.1937; Personalakte von Ludwig Mellinger im Archiv der IHK München.

[89] Gesetz über die Umwandlung von Kapitalgesellschaften, Präambel.

[90] Landesarchiv Berlin, A Rep. 342-02 Nr.15280 (1934-1943).

[91] Vgl. Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-08 Nr. 1639/50 (1950-1951).

[92] Landesarchiv Berlin, A Rep. 342-02 Nr.15280 (1934-1943).

[93] Vgl. Hofmann (1960) S. 26.

[94] Vgl. Königseder (2016) S. 281f.

[95] Vgl. Exil-Archiv, NL 165 – Werner Lansburgh EB 2001/108.

[96] England & Wales, National Probate Calendar (Index of Wills and Administrations), 1858-1995 (Alfred Lansburgh, 1944).

[97] Vgl. Lansburgh (1990) S. 92.

[98] Lansburgh (1968) S. 192-193.

[99] Vgl. Lansburgh (1990) S. 124ff.

[100] Vgl. Lansburgh (1990) S. 127.

[101] Vgl. Goeschel (2011) S. 155.

[102] Diese Einstellung bestätigt auch Werner Lansburgh (Manuskript „Memoirs of a Continental“ von 1960 im Exil-Archiv: NL 165 – Werner Lansburgh EB 2001/108, S. 2).

[103] Wilmersdorfer Waldfriedhof Stahnsdorf, Block M, Grab 135-137.

[104] Arolsen Archives https://collections.arolsen-archives.org/archive/12663189/?p=1&s=Lansburgh&doc_id=12663189, Brief von Mellinger an Werner vom 27.8.1942 (Exil-Archiv, NL 165 – Werner Lansburgh EB 2001/108).

[105] Interview von Frida Lansburgh (geb. Neuberg) durch Vera Lindsay am 24.10.1943, in England (Bush House Aldwych); das Interview erschien im News Chronicle vom 4.11.1943 (Exil-Archiv, NL 165 – Werner Lansburgh EB 2001/108).

[106] Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-08 Nr. 1286/50 (1950-1951) und B Rep. 025-08 Nr. 1286/50 (1950-1951).

27.12.1936 De Telegraaf